KOLUMNE DES TODES (8) von Der Tod

Porträt Der Tod (Death Comedy) vor buntem Hintergrund
Foto: Der Tod – Death Comedy

Liebe noch lebende Seele,

wie heißt es im Volksmund so schön? Der Tod macht die Musik. Umso erfreuter bin ich über dieses stimmungsvolle Thema. Music was my first love and it will be my last. Schließlich (das wissen viele gar nicht, aber ich lüfte mal ein wenig die Kutte) war ich lange Zeit als Animateur auf Mallorca unterwegs. 

Ja, mein Job war tatsächlich schon mal eine Spur gruseliger als heute. Im Zuge meiner Image-Kampagne sang ich damals mit diversen Schnapsleichen Gassenhauer wie „Ein Stein, der deinen Namen trägt“ oder „Man stirbt nur einmal, das kommt nie wieder“. Unvergessen sind auch meine Blockflötenkünste, vor allem bei meiner Kundschaft. Noch heute können es die meisten gar nicht abwarten, endlich ins Jenseits zu kommen, wenn ich bei meinen Haustürbesuchen zur Begrüßung erst mal was auf der Blockflöte spiele. Ein tolles Instrument.

Musik verbindet. Auch zwischen den Welten. Häufig höre ich, dass man als Laienhelfer bei der Wiederbelebung eines Menschen einfach die Songs „Lebt denn der alte Holzmichl noch“ oder „Atemlos durch die Nacht“ leise vor sich hinsingen soll, weil diese Lieder angeblich das richtige Tempo hätten, um bei einer rettenden Herzdruckmassage einigermaßen im Rhythmus zu sein.

Ganz ehrlich, ich denke, das ist ein grober Verstoß gegen die Genfer Konventionen. Da werden eindeutig Menschenrechte mit den Stimmbändern getreten. Wirklich niemand möchte mit Helene Fischer ins Leben zurückgeholt werden. Das sollte man auf seinem Organspende-Ausweis notieren dürfen. Wenn schon schiefes Gesinge am Lebensende (man bedenke: Das Gehör ist der letzte Sinn, der stirbt!!!), dann zumindest „Highway to hell“. Oder „Killing Me Softly“. Oder auch „Who Wants To Live Forever“.

Was auffällt: Wenn ich mir die schon gestorbenen Musiker und Musikerinnen im Jenseits anhöre und vergleiche, was im Diesseits grad so in den Charts läuft, dann weiß ich wirklich nicht, was echte Musikliebhaber noch auf dieser Seite suchen.

Tatsächlich versterben viele der musikalisch talentierten Berühmtheiten auffallend früh. Man denke nur an den Club 27. Das liegt aber tatsächlich nicht an meinem guten Musikgeschmack, sondern am Übermut aller, die gerade die „Time of my life“ feiern. Apropos Showleben: Der beliebteste Song auf Beerdigungen in den USA ist nicht wie in Deutschland „Ave Maria“, sondern „The Show Must Go On“. Nicht wirklich überraschend, oder? In Amerika denken sie dafür, dass es bei den deutschen Beerdigungen oft sehr stimmungsvoll zugeht. Als Public Viewing bezeichnet man dort nämlich die Aufbahrung in einem offenen Sarg. Und dann sehen sie Berichte wie in Berlin tausende Zuschauer singen „Einer geht noch, einer geht noch rein“.

Wenn es nach mir ginge, gäbe es noch mehr Musik auf der Welt. Zum Beispiel als Warteschleifenuntermalung, wenn man beim Notruf 112 anruft. „Knocking On Heavens Door“. Klingelton auf dem Bestatter-Handy? „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.“ Und im Auto ertönt, sobald die Tachonadel 200 km/h übersteigt, Adeles „Hello from the other side“.

Hui, 15 Songtitel in einer Kolumne – das soll mir erstmal einer nachmachen.

Es verbleicht beschwingt und mit „Time-To-Say-Goodbye“-summenden Grüßen (und da waren es 16),

der Tod – Death Comedy –

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in der drunter+drüber-Printausgabe #14 „Musik und Tod” (Mai 2022).

Foto Der Tod: Death Comedy

Über den Autor: Im Jahr 2011 beschloss DER TOD auf die Bühne zu gehen und tourt seitdem mit seiner Imagekampagne durch den gesamten deutschsprachigen Raum. Verhüllt in dunkler Kutte und mit seiner unverkennbar engelsgleichen Stimme betrachtet der Erfinder der Death Comedy das Weltgeschehen auf seine ganz eigene Weise. Neben Auftritten in Theatern, auf Festivals und Kleinkunstbühnen spielt der stets anonym agierende Künstler regelmäßig auch für Bestattungsfirmen, auf Friedhöfen oder in Hospizstationen, um mit Humor die Angst vor dem Sterben zu nehmen.

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Foto: Der Tod – Death Comedy