„KNIETZSCHE VERSCHENKT WORTE UND BAUT BRÜCKEN“
Interview mit Kinderbuchautorin Anja von Kampen … von Verena Hohmann
Verena: Was hat dich dazu inspiriert, ein Buch über das Leben nach dem Tod zu schreiben, und warum hast du dieses Thema für Knietzsche gewählt?
Anja: Wenn es um einen freundschaftlichen Umgang mit dem Tod geht, ist dieses Buch für mich das wichtigste von allen bisherigen Knietzsche-Büchern. In der Ungewissheit liegt die Angst, aber auch die Hoffnung. Wenn man es schafft, sich etwas Schönes vorzustellen, was nach dem Tod passiert, kann man alle Grenzen überwinden. Das ist für Kinder oft ganz leicht, für Erwachsene häufig ein hartes Stück Arbeit. Das Leben trainiert den Menschen im Lauf der Jahre leider die Phantasie ab.
Verena: Wie schaffst du es, ein so komplexes und sensibles Thema wie den Tod kindgerecht, verständlich und gleichzeitig philosophisch tief zu behandeln?
Anja: Knietzsches Mission ist es, die schweren Themen des Lebens leicht zu behandeln und das Gespräch zu eröffnen. Erwachsenen fehlen oft die richtigen Worte, was ich absolut verständlich finde. Wir sind ein Junge und eine Medienpädagogin, die zu einer Figur verschmelzen. Seit ich selbst ein Kind war, habe ich mein ganz eigenes Verhältnis mit dem Tod. Mein Opa ist gestorben, als ich neun war, und meine Eltern haben alles von mir ferngehalten. Die Schutzmaßnahmen von damals waren in liebevollen Familien ganz normal, für mich war es Hochverrat. Nicht, was meine Eltern betrifft, sondern ich fühlte mich wie eine Verräterin, weil ich mich trotz großer Liebe nicht verabschiedet habe. Wenn es um Schuld geht, sind Kinder ganz schnell dabei. Also habe ich zur Wiedergutmachung beschlossen, nie wieder zu lachen. Eine meiner schlechteren Ideen und natürlich zum Scheitern verurteilt. Die nächste Idee war besser: Ich habe die Grenzen zwischen Leben und Tod übersprungen und meinem Opa jeden Tag alles erzählt: Was mich traurig macht, was ich erlebt habe, einfach ganz normal alles. Ich kann mich sehr gut an meine Gefühlswelt von früher erinnern und sicherlich hilft es auch, dass ein absurder Teil von mir Kind bleiben durfte. Wenn man da noch Wissen, Bildung, Recherche und Erfahrung hinzugibt, kommt in meinem Fall ein Knietzsche raus.
Verena: Sich selbst ein Stück Kind zu bewahren, hilft also, schwere Themen kindgerecht zu verfassen. Was möchtest du mit „Knietzsche und das Leben nach dem Tod“ bei Kindern und vielleicht auch ihren Eltern bewirken? Was ist deine Botschaft?
Anja: Ich nenne es „eine Ode an die Phantasie“ und tatsächlich richtet es sich fast mehr an die Erwachsenen als an Kinder. Die Fähigkeit, an etwas zu glauben, das nicht beweisbar ist, wird jedem von uns zur Geburt geschenkt. Die Kunst ist es, dieses Wunder nicht ausziehen zu lassen, nur weil die Vernunft regiert. Kinder ermutige ich nur immer wieder, dass alles ok ist, was sie sich vorstellen. Niemand kann das Gegenteil beweisen, keiner kann mit Sicherheit sagen, was nach dem Tod passiert. Dazu sagt Knietzsche, dass es doch total bescheuert wäre, wenn man sich dann nicht etwas Schönes vorstellt.
Verena: Wie hat deine eigene Sichtweise auf das Leben und den Tod das Buch beeinflusst?
Anja: Da Knietzsche und ich untrennbar voneinander sind, kann man wahrscheinlich nicht nur von Einfluss reden. Was ich schreibe, glaube ich auch aus tiefster Überzeugung. Das ist bei Kinderbüchern vielleicht nicht so normal, in unserem Fall würde ich sagen, dass es das Geheimnis unseres Erfolgs ist. Kinder haben einen siebten Sinn und spüren sofort, ob sie ernstgenommen werden. Ich beschönige die Dinge nicht, sondern eröffne neue Sichtweisen und positive Perspektiven, die das Leben leichter machen.
Verena: Welche Reaktionen von Kindern, Eltern oder Pädagogen hast du bisher auf das Mini und auf bisher erschienene Publikationen zu dem Thema erhalten?
Anja: In bestimmten Kreisen sind wir sowas wie Superstars. Wir hatten nie auch nur einen Cent für irgendwelche Werbemaßnahmen und existieren in der heutigen Form nur, weil wir extrem geliebt werden. Das bringt Menschen dazu, von uns zu erzählen. Wir wurden und werden empfohlen, von Lehrern, Schülern, und dann ganz extrem von Trauerbegleitenden und der Bestattungsbranche. Die besten Bestatterinnen und Bestatter verschenken uns, wenn Kinder in der Familie sind. Die allerbesten sorgen mit uns dafür, dass sich die Gesellschaft ändert und offen über den Tod gesprochen wird. Dafür gibt es unsere bundesweite Initiative „Knietzschifizierung“, bei der sich ganze Städte dazu bekennen, dem Tabu ein Ende zu setzen.
Verena: Gibt es schon Pläne für Bücher zu weiteren und ähnlichen Themen?
Anja: Natürlich sind weitere Themen in Planung und jüngst auch neue Bücher erschienen. Wir verlassen da unseren Einzelkämpfer-Status und werden immer mehr zu Teamplayern. Das Talent von Knietzsche, Worte zu verschenken und damit Brücken zwischen Kindern und Erwachsenen zu bauen, ist der Grund für spannende Kooperationen – wie zum Beispiel mit dem Bundesfamilienministerium für das Thema Demenz. Ganz aktuell und für mich ganz besonders ist die Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Krebs ist in meinem privaten Umfeld leider ein vertrauter Angreifer und damit bin ich nicht alleine. Jedes Kind kennt die Krankheit vom Hörensagen, aber oft fehlt das Detailwissen. Dafür ist gerade „Knietzsche und der Kinderkrebs“ erschienen und gibt Tipps für ein liebevolles Miteinander. Das Buch steht kostenfrei zur Verfügung und richtet sich vor allem an das Umfeld der an Krebs erkrankten Kinder wie die Schulklasse, der Freundeskreis, die Familie.
Verena: Vielen Dank, liebe Anja, dass du uns einmal hinter die Fassade von Knietzsche hast blicken lassen!
„Knietzsche und das Leben nach dem Tod“ von Verena Hohmann
Was wissenschaftlich nicht nachzuweisen ist, muss man mit Fantasie und Glauben kompensieren. Ein Glück hat Knietzsche die Fantasie schon in der Wiege mitbekommen. Mit dem Minibuch „Knietzsche und das Leben nach dem Tod“ schenkt der beliebte Zeichentrick-Philosoph kleinen und großen Leserinnen und Lesern Ideen für „das größte Geheimnis im ganzen Universum.“
„Wenn niemand wirklich wissen kann, was nach dem Tod passiert, wäre es doch klug, wenn man sich etwas Wundervolles vorstellt.“
(aus „Knietzsche und das Leben nach dem Tod“)
Kinder stellen Fragen. Erwachsenen fehlen manchmal die Worte – zumindest, wenn es um vermeintlich schwierige Themen geht. Was passiert mit der Seele, wenn der Körper unter der Erde liegt? In diesem Buch dürfen sich Kinder gemeinsam mit ihren Eltern annähern. Knietzsche verschenkt fantastische Ideen, gute Ratschläge und philosophische Fragen zum Selbstnachdenken – vor allem aber Worte, die es schaffen, etwas Unbegreifliches zu greifen.
Uneingeschränkte Empfehlung, auch für Trauerbegleitende, Bestatter:innen, Pädagog:innen und andere Menschen, die dem größten Geheimnis des Universums auf die Spur kommen wollen.
Dieses Interview wurde erstveröffentlicht in der drunter+drüber-Printausgabe #20 „Untot und Tod” (Mai 2025).
Über die Interviewpartnerin: Anja von Kampen ist Autorin, Filmproduzentin und Knietzsche-Erfinderin. Sie reist im Namen der Philosophie durch die ganze Welt und kommt immer wieder gern zurück nach Berlin. Aktuell arbeitet Anja auf dem Thema Sternenkinder, das genau wie Tod und Trauer ins Familiengespräch gehört.
Alle Beiträge von Anja von Kampen gibt es hier.
Foto linke Seite: vision X
Über die Autorin: Verena Hohmann ist freie Journalistin, Fachautorin und Inhaberin der Kommunikationsagentur Hohmann Design und Text GbR im westfälischen Münster. Nach ihrer Ausbildung zur Bestattungsfachkraft studierte sie Linguistik an den Universitäten Erfurt und Düsseldorf. Außerdem ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Deutsche Bestattungskultur für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Das Bestatterhandwerk sowie die Enttabuisierung von Tod und Trauer sind ihre Themen.
Alle Beiträge von Verena Hohmann gibt es hier.
Autorinnenfoto linke Seite: privat
