„NEUE SCHAUPLÄTZE DER TRAUER”
von Norbert Fischer und Simon J. Walter (Hrsg.)
Trauer rückt immer öfter und immer stärker in den öffentlichen Raum
von Frank Pasic
Die Art und Weise, wie wir um unsere Verstorbenen trauern, ändert sich. Bis weit in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts schien es gesellschaftlich vorgeschrieben, dass wir den Verlust autark verarbeiten, jeder für sich. Als Ort der Trauer galt einzig das Grab auf dem Friedhof, allenfalls noch die eigenen vier Wände.
Dies hat sich grundlegend gewandelt, Trauer rückt immer öfter und immer stärker in den öffentlichen Raum. Am auffälligsten wird dieses Phänomen anhand der Unfallkreuze am Straßenrand sichtbar. In nahezu allen Großstädten finden sich mittlerweile sog. Ghostbikes, weißgestrichene Fahrräder als Mahnmal für im Straßenverkehr tödlich verunglückter Radfahrer. Hinzu kommen Trauer- und Gedenkorte für Opfer von Gewalttaten, verstorbene Obdachlose oder auch Prominente.
Die beiden Herausgeber haben sich des Themas „Public Mourning“ angenommen. Dr. Norbert Fischer ist Professor am Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Hamburg und seit über 30 Jahren DER Experte für Fragen zur deutschen Friedhofs- und Bestattungskultur. Dr. Simon J. Walter ist Kulturbeauftragter des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.V. und der Stiftung Deutsche Bestattungskultur.
Der vorliegende Sammelband basiert auf einer zweisemestrigen Lehrveranstaltungsreihe an der Universität Hamburg, die Beiträge wurden von Teilnehmenden im Rahmen der Lehrveranstaltungen verfasst. Der thematische Bogen reicht von maritimen Trauer- und Erinnerungsorten für Seebestattungen über „Stolpersteine“ zum Gedenken an vom NS-Regime verfolgte, vertriebene und ermordete Personen bis hin zum Gedenkort für die Sängerin Alexandra.
Auch wenn dieses Buch in einem wissenschaftlichen Kontext entstanden ist, so ist es alles andere als „trockener Stoff“. Im Gegenteil: Die Lektüre ist sehr unterhaltsam und – wichtiger – schärft den Blick für Trauer- und Gedenkorte im öffentlichen Raum.
Norbert Fischer und Simon J. Walter
„Neue Schauplätze der Trauer”
ISBN: 978-3-936057-86-7
Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes
Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in der drunter+drüber-Printausgabe #20 „Untot und Tod” (Mai 2025).
Über den Autor: Frank Pasic, Jahrgang 1971, ist von Hause aus Jurist, ist dann aber über einen Umweg ins Krematorium gekommen – wo es ihm wider Erwarten gefallen hat. Er ist (Mit-)Gründer der FUNUS Stiftung, die sich für einen offenen Umgang mit dem Tod, der Trauer sowie der Kultur des Bestattens und des Abschiednehmens einsetzt.
Alle Beiträge von Frank Pasic gibt es hier.
Autorenfoto linke Seite: privat
