WAS MACHT UNS ANGST IM LEBEN?

Präventionsangebot für Bildungseinrichtungen

Innenraum Zentrum für Endlichkeitskultur, Jeanette Heller steht vor einer Klasse und hält einen Vortrag
Foto: FUNUS Stiftung

von Jeanette Heller und Marcus Heller

Je mehr wir ein Thema meiden, umso mehr Angst macht es uns. Denn wenn wir nicht wissen, was auf uns zukommt, wird uns flau im Magen und wir sind nervös. Unsicherheit macht sich breit. Können wir aber auf Lösungsstrategien zugreifen, gibt uns das Sicherheit. Und Sicherheit ist evolutionär das wichtigste Grundbedürfnis der Menschen, vor allem das der Kinder. Mit dem Präventionsangebot für Bildungseinrichtungen möchte die FUNUS Stiftung dem natürlichsten Thema der Welt wieder mehr Raum in der Gesellschaft geben. Unser Angebot richtet sich an alle Altersklassen und wird entsprechend angepasst.

Gesellschaftlich gesehen wollen Eltern und Großeltern, Pädagogen und Lehrkräfte Kinder vor Lebenskrisen und großen Herausforderungen bewahren. Jedoch werden Kinder nicht zu gestärkten, krisenfesten, selbstbewussten und empathischen Menschen, wenn sie nicht lernen, ihre Ressourcen zu erkennen und zu nutzen, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Wir können Kinder und Jugendliche nicht vor Verlusterfahrungen und Trauer schützen. Ganz im Gegenteil. Wir sollten sie in den Bestattungsprozess mit einbeziehen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, sich würdig und in ihrem Rahmen zu verabschieden. Es geht im Großen und Ganzen immer um Wachstumsprozesse, die die emotionalen, mentalen, intuitiven und sozialen Kompetenzen stärken. Die persönliche Weiterentwicklung eines jeden Menschen ist maßgeblich wichtig, um in der Schule des Lebens bestehen zu können. Hier gibt es keine Noten, sondern Situationen und Erfahrungen, die uns prägen. Für ein gesundes Verständnis von Leben und Sterben ist es wichtig, mit Kindern und Jugendlichen über Tod und Endlichkeit zu sprechen.

Der Tod ist ein natürlicher Bestandteil des Lebenszyklus und wir alle werden irgendwann mit dem Verlust geliebter Menschen oder Tiere konfrontiert, sei es in der Familie, im Freundeskreis oder in den Medien. Jugendliche und Kinder haben oft Fantasien und Missverständnisse über den Tod, die, wenn sie unbeantwortet bleiben, zu Ängsten, Unsicherheit und Verwirrung führen können. Hier gilt es ehrlich und authentisch allen Fragen offen gegenüberzustehen. Kinder können nur das betrauern, was sie be„greifen“. Oft haben sie noch kein Verständnis vom Tod, aber sie spüren, dass etwas nicht stimmt. Wenn wir ihnen jetzt beibringen, gesund mit allen Gefühlen, ob Wut, Traurigkeit, Freude oder Angst, umzugehen, kann es langfristig ein ehrliches und authentisches Miteinander werden. Durch den offenen Dialog erhalten sie klare und altersgerechte Informationen, die ihnen helfen, die Realität des Todes zu verstehen und damit umzugehen. Sie lernen, dass der Tod zum Leben gehört und dass es normal ist, traurig zu sein und zu trauern, wenn jemand stirbt. 

Es ist uns ein Anliegen, Kinder und Jugendliche in ihren Fragen und Gefühlen ernst zu nehmen und ihnen bei der Verarbeitung von Verlusten zu helfen. Die bisherigen Erfahrungen in der Präventionsarbeit mit Schulklassen der Sekundarstufe I (weiterführende Schulen) und Sekundarstufe II (Berufsschule) haben gezeigt, dass es den jungen Erwachsenen schwerfällt, über das Thema zu sprechen und sich bewusst damit auseinanderzusetzen. 

WIE LÄUFT SO EIN PROJEKTTAG AB?

Unser fachkundiges Personal bespricht vorab mit den Fachlehrkräften, ob es spezielle Themenwünsche im Bereich Endlichkeit gibt oder ob zu allem offen ins Gespräch gegangen werden kann.  Fragen wie „Warum müssen wir eigentlich sterben?“, „Wie kann ich mir das Sterben vorstellen?“, „Was passiert nach dem Tod mit unserem Körper?“, „Was ist Trauer?“, „Welche Bestattungsarten gibt es?“ und viele mehr werden offen und ehrlich beantwortet. Das Q&A gibt allen Beteiligten die Möglichkeit, auch mal ungewöhnliche Fragen stellen zu dürfen.

Verbunden mit der Theorie, wächst das Verständnis natürlich nur durch das Beobachten der Praxis. Das erfolgt durch Führungen im Krematorium (Flamarium Saalkreis) und dem Friedhof (Friedgarten Mitteldeutschland). Alle Führungen beruhen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Das heißt, sollte sich jemand z. B. nicht dem Anblick von Särgen gewachsen fühlen, ist das völlig in Ordnung. Dann besteht die Möglichkeit einer Auszeit während der Besichtigung.  Und oft sind die Jugendlichen eher daran interessiert, das Thema Tod durch die Forscherbrille zu sehen. Die technischen Abläufe und Verfahren lassen sie staunen und verstehen.

Da leider nicht alle Bildungseinrichtungen gut an das Netz des ÖPNV angebunden sind, bieten wir natürlich auch an, direkt in die Schulen und Kindertageseinrichtungen zu kommen. In dieser Form sind natürlich keine Führungen möglich. Um auch hier eine Möglichkeit der Präventionsarbeit anbieten zu können, gibt es kurze Filme zu den wichtigsten Fragen.

Im Elementar- und Primarbereich (Kindertageseinrichtungen und Grundschule) arbeiten wir mit Bausteinsystemen und Kinderbüchern sowie Kreativmaterialien.

Durch die Einblicke in die Arbeit eines Krematoriums und eines Friedhofs, die wir den Heranwachsenden geben, können wir deren Bewusstsein für die Endlichkeit stärken und ihren Entwicklungsprozess positiv unterstützen. 

Eine Initiative der FUNUS Stiftung www.funus-stiftung.de

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in der drunter+drüber-Printausgabe #19 „Heimat und Tod” (Nov 2024).