#19 „HEIMAT UND TOD”

Liebe Leserinnen und Leser,

ich weiß überhaupt nicht mehr, wie ich auf dieses Thema kam. Wir saßen zu dritt im Auto – Tade Spranger, meine Frau Dina und ich. Und plötzlich, in einem Moment der Stille, sprach ich die Frage aus: „Was haltet ihr eigentlich von „Heimat und Tod“ als Thema für die nächste d+d?“ Die Frage kam aus meinem tiefsten Inneren, als ob sie schon lange da gewartet hätte. Dina und Tade fanden die Idee gut, Sandra und Schwarwel hatten auch nichts dagegen: Also haltet ihr jetzt die „Heimat und Tod“ in euren Händen.

Als ich die ersten eingegangenen Texte gelesen habe, wurde mir das Offensichtliche klar: Das Thema „Heimat“ triggert uns genauso wie das Thema „Tod“. Es zwingt uns zu reflektieren, woher wir kommen und warum wir sind, wie wir sind. Viele machen Heimat an einem Ort fest, andere an Personen, für manche ist es auch schlichtweg ein Gefühl.

Tobi Dahmen, mit dem wir ein sehr schönes Interview zu seiner Graphic Novel „Columbusstraße“ geführt haben, sagt sinngemäß: „Heimat ist für mich mein Elternhaus. Aber was ist, wenn die Eltern einmal nicht mehr da sind?“ Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Heimat war für mich die überwiegende Zeit meines Lebens die Stadt, in der ich geboren wurde und anschließend über 30 Jahre gelebt, gelernt und geliebt habe. Als meine Mutter 2019 starb – mein Vater verstarb bereits zehn Jahre zuvor –, riss auch dieses Band zu meiner „Heimat“-Stadt. Der Ort, an dem ich bereits seit 20 Jahren lebe, kann diese Leerstelle nicht ausfüllen. Hier fühle ich mich seit Corona sogar regelrecht fremd, sodass Dina und ich in Kürze in eine ganz andere Region ziehen werden. Vielleicht werden wir ja da heimisch.

Dina sprach kürzlich über Heimat mit einer Freundin, die berufsbedingt viel in der Welt herumkommt: Argentinien, Vietnam, Australien, dazwischen immer wieder Deutschland. Sie erzählte, dass sie und ihr Mann seit einiger Zeit ebenfalls über ihre Heimat nachdenken und sich fragen, wo sie denn dereinst einmal bestattet werden möchten. Ist das vielleicht die wahre Definition von Heimat: Der Ort, an dem wir nach unserem Tod unsere letzte Ruhe finden? Der Gedanke lässt mich nicht mehr los.

Herzlich, 

Frank Pasic
(Herausgeber)

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in der drunter+drüber-Printausgabe #19 „Heimat und Tod” (Nov 2024).

Autorenfoto Frank Pasic

Über den Autor: Frank Pasic, Jahrgang 1971, ist von Hause aus Jurist, ist dann aber über einen Umweg ins Krematorium gekommen – wo es ihm wider Erwarten gefallen hat. Er ist (Mit-)Gründer der FUNUS Stiftung, die sich für einen offenen Umgang mit dem Tod, der Trauer sowie der Kultur des Bestattens und des Abschiednehmens einsetzt.

Alle Beiträge von Frank Pasic gibt es hier.

Autorenfoto linke Seite: privat

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